Sonntag, 12. Januar 2014

Bäume

Ich gehöre zu den glücklichen Menschen, die mit vielen Bäumen aufgewachsen sind. Während jeder Zeit meines Lebens war da irgend ein Baum in meiner Nähe. Einer, der mich durch das Jahr hindurch begleitete, an dessen Anblick ich mich freuen konnte:
  • Da waren die vielen Apfel- und Zwetschgenbäume im Garten der Käserei, während meiner ersten Kindertage.
  • Dann der alte, heissgeliebte Birnenbaum, der fast hundert Jahre alt geworden ist. Zum Klettern geeignet, nicht nur für Katzen.
  • Die Zeder, die ich mit meiner Mutter zusammen 1970 im Garten gepflanzt habe und die, etwas über 40 Jahr später, weichen musste, weil sie den nachbarlichen Garten "gefährdete". Geblieben ist mir ein grosser Stern aus Holz.
  • Eine grosse alte Linde, die während meiner Zeit in Biel im Garten meines denkmalgeschützten Hauses stand. Ihr Duft im Abendwind - betörend und unvergesslich.
  • Das noch ganz junge Birklein, das in meiner neuen Heimat im Zugerland, grad neben dem Hauseingang, stand und heute ein stattlicher Baum ist, in dessen Schatten Kinder spielen.
  • Die Riesentanne im Garten unseres Hauses am Eingang der Teufelsschlucht in Hägendorf, unter der sich meine Katzen liebend gerne versteckten.
  • Die kleinen Bäumchen in den Töpfen, auf unserer Dachterrasse hoch über Luzern, sie widerstanden härtesten Wintern und brennendsten Sommern.
  • Die Riesenbirke direkt an der Lorze in Cham, zum Greifen nah von unserer Terrasse aus und noch ein paar Meter höher als das Haus. Zwei Mal im Jahr guckte plötzlich ein Kopf mit Helm über das Geländer - immer dann wurde sie zurückgeschnitten. Aber unten, da ruhten sich Schwäne aus und Fischreiher spazierten stolz an ihnen vorbei.
  • Der kleine, ältere Pflaumenbaum im Garten unseres Hexenhäuschens in Zug. Unermüdlich spendete er Pfläumchen, war schmucker Stolz unseres kleinen Paradieses.
  • All' die wunderbaren Kirschbäume hier auf dem Walchwilerberg, deren Blüten einen immer wieder faszinieren und deren Früchte eine solche Vielfalt aufweisen, dass die Kirschenzeit viel zu kurz ist, alle auszuprobieren.
Und nun er, von Wind und Wetter gezeichnet, aber immer wenn ich hinten aus dem Fenster schaue, steht er ruhig da. Alt, knorrig aber immer wunderschön: Morgens mit einem schönen Schimmer, mal im Abendrot, mal im Nebel, dann wieder in der strahlenden Sonne. Krähen und Elstern mögen ihn gleichermassen, aber wirklich königlich wirkt er, wenn die Bussarde sich auf seinen Ästen ausruhen, während unter ihm die Kühe friedlich grasen.
Gerade ist er wieder im Nebel verschwunden - heute Morgen ist die Welt hier am Rande des Hochmoors in feine, weiche, weisse Watte gepackt und man sieht nur gerade etwa dreissig Meter weit. Die Sonne versucht, den Nebel zu durchdringen, aber es reicht im Moment nur für ein feines, helles Licht. Der Nebel bleibt und meinen Baum erkenne ich nur schemenhaft.
Aber ich weiss, er ist da und es erfüllt mich ein kleines Glücksgefühl.

Blick aus dem Küchenfenster: 27. Dezember, morgens um acht

2 Kommentare:

  1. Ich liebe diesen Baum auch, fotografiere ihn jedesmal, wenn ich bei euch bin!

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  2. Wunderschön geschrieben - Danke Billi! Liebi Grüessli us Canada

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